Tuesday, March 25, 2025
Konzert Frühjahr 2025: Eleison PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Sören Thorwirth   
Samstag, 06. April 2013 08:12

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde des VokalensemblesJosquin des Prés!

Oculi mei semper ad Dominum quia ipse educet de rete pedes meos.
Respice in me et miserere mei quoniam solus et pauper sum ego.

Meine Augen sehen stets zu dem Herrn; denn er wird meinen Fuß aus dem Netz ziehen.
Wende dich zu mir und sei mir gnädig; denn ich bin einsam und elend.

Eleison

Der Vers 15 aus Psalm 25 stand Pate für den dritten Passionssonntag OCULI und ihm widmen wir unser diesjähriges Passionskonzert unter dem Titel „eleison” - erbarme dich. Der vorchristliche Huldigungsruf für Götter und Herrscher „Kyrie eleison” wurde im frühen Christentum zu einer Hohheitsbezeichnung für Jesus, den Sohn Gottes. Er trägt somit nicht nur einen rein flehentlichen, sondern auch einen ehrerbietenden Charakter, ist also Seufzer und Lob in einem.

Das griechische Kyrie eleison entspricht zudem dem hebräischen Hosianna (hilf doch), dem Ruf, mit dem Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem am Palmsonntag empfangen wurde.

Um Erbarmen soll es also gehen, um Barmherzigkeit und Mitgefühl, um „ein Auge auf den anderen haben”. Der hebräische Begriff für „erbarmen” lautet „racham” und ist wurzelverwandt mit „rächäm”, das wiederum „Mutterschoß” bedeutet. Im Ursprung schwingt somit auch das Gefühl und die Empfindung der werdenden Mutter zum heranwachsenden Leben in ihrem Schoß mit. Und im lateinischen „Misericordia” (Erbarmen) begegnen wir den Wortteilen „miser-cordia”, ein Herz für Elende/Schwache haben.

Für den Anruf Respice in me (Wende dich zu mir) wurden wir bei Andrea Rota (1553-1597) fündig. Es wurde veröffentlicht in seinem 1595 erschienenen Motectorum Liber secundus und schöpft in seiner erhabenen Zehnstimmigkeit klanglich aus dem Vollen.

Nur halb so viele Stimmen benötigt Jacques Arcadelt (1507-1568) in seinem Kyrie (aus der Missa Ave Regina Caelorum) und schafft dennoch durch perfekte Beherrschung der polyphonen Technik einen sehr dichten und eleganten Tonsatz. Beide Renaissancekünstler wirkten u.a in Rom, wobei Arcadelt in seiner Anstellung in der Capella Sistina von seinem erheblich bekannteren Kollegen Palestrina abgelöst wurde.

Rund 400 Jahre später entscheidet sich auch Heinrich Kaminski (1886-1946) zu einer Vertonung von Messteilen. Das Kyrie aus Messe deutsch konfrontiert uns mit dem düsteren zeithistorischen Kontext seiner Entstehung, der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933. Zu hören ist eine sehr individuelle Ausdeutung des Kyrie-Textes und ein ungemein packender, aber auch vertrackter Kompositionsstil, den man so vielleicht gar nicht bei Kaminski erwartet hätte. Rhythmische Notation und unerwartete chromatische Wendungen tragen dem Untertitel „O wirre Welt” kongenial Rechnung. Hat man die kompositorischen Wirrnisse überwunden, wartet eine sanfte und tröstliche Wendung zum finalen Kyrie eleison.

Die Responsorien (Wechselgesänge) der Karwoche wurden von den unterschiedlichsten Komponisten, v. a. auch im 16. Jhd. verarbeitet. Bekannt sind die Versionen von Giovanni Pierluigi da Palestrina, Orlando di Lasso, Carlo Gesualdo und Tomás Luis da Victoria. Ein Stipendium führte den Spanier Victoria (1548-1611) ebenfalls nach Rom, wo er als Leiter der Kapelle des Collegium Germanicum Nachfolger von - Palestrina wurde.

Aus seinen 18 Tenebrae Responsorien (für die verschiedenen Gebetszeiten an Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag) wählen wir nicht zufällig das O vos omnes, das Tenebrae factae sunt und das Caligaverunt oculi mei. Genau auf diese drei Vorbilder bezieht sich Lorenzo Donati (*1972) in seinem Werk Tenebrae. Die Durchdringung Alter und Neuer Musik, eines der Leitmotive unserer Programmkonzeptionen, wird in dieser Komposition besonders deutlich.

„Dunkel sind meine Augen von meinem Weinen; denn entfernt ist von mir, der mich getröstet hat”.

Eine sinnfällige Ergänzung und Abrundung erfährt unser Programm durch die zeitgenössische Version des Miserere von James MacMillan (*1959). Auch der Schotte nutzt in diesem Werk eine spannende Verflechtung alter und moderner Stilmittel. Eher eingängige, elegische Passagen bricht er durch expressive Sopran-Soli auf, energischen Akklamationen folgen meditative Abschnitte in Form einer klassischen Litanei, so unter anderem im Vers: „Verwirf mich nicht von deinem Angesicht und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir!”

Nach 12 Minuten mündet der Psalm in einer homophonen und hymnischen Schlussformel und entlässt uns mit Blick auf den Blick von oben und zum Gegenüber.

 

Wir laden Sie herzlich ein zu unseren Passionskonzerten am
Samstag, den 22.03.2025 um 19.30 in der Herz Jesu Kirche Erlangen oder am
Sonntag, den 23.03.2025 um 16.00 in St. Klara Nürnberg.

Aktualisiert ( Donnerstag, 06. März 2025 20:46 )
 
Konzert Advent 2024: O

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde des Vokalensembles Josquin des Prés!

Der wunderbar runde und volle Vokal „O” übertitelt unser diesjähriges Herbstprogramm, das wir Ihnen am 1. Adventswochenende präsentieren dürfen. Er leitet als Kasus eine Anrufung ein und beinhaltet häufig einen Ausdruck der Be- oder Verwunderung, der Überraschung, des Staunens oder der Ehrerbietung..

O

Er ist auch gemeinsamer Beginn der sogenannten „Magnificat-Antiphone”, Texte, die in den sieben Tagen vor Weihnachten in der Vesper das Magnificat umrahmen und alttestamentarische Attribute zum Thema haben, die auf den kommenden Erlöser verweisen:

O Sapientia - O Weisheit
O Adonai - O Herrscher
O Radix Jesse - O Wurzel Jesse
O Clavis David - O Schlüssel Davids
O Oriens - O Morgenstern
O Rex gentium - O König aller Völker
O Emmanuel - O Immanuel

Sie enden alle mit einer Bitte und der Formel „ o komm und …” (offenbare uns, befreie uns, errette uns, öffne, erleuchte, eile und schaffe uns Hilfe). Für Freunde versteckter Botschaften, Humanisten und Literaten: Die Anfangsbuchstaben der sieben Attribute bilden, vom letzten zum ersten aneinandergereiht, zwei neue lateinische Wörter, die die Antwort auf die Bitte und die Erfüllung der Sehnsucht ergeben. 

Den archaischen Gehalt der Texte hat Arvo Pärt in ein holzschnittartiges, strenges Gewand gekleidet, sieben Miniaturen, die 1988 entstanden und den unverwechselbaren Stil des estnischen Komponisten tragen.

Diesen sieben Stücken werden wir alte und zeitgenössische Interpretationen bzw. Assoziationen gegenüberstellen.

Der amerikanische Komponist John Muehleisen steht für eine postmoderne Tonalität und steuert „O Wisdom” bei, die sich auch kompositorisch auf den gregorianischen Choral der Antiphon zum 17. Dezember bezieht.

Der in Berlin wohnende Frank Schwemmer nähert sich dem Bild des brennenden Dornbuschs, der in „O Adonai” aufflackert, sehr viel assoziativer und freier.
Er vertont in seiner dreiteiligen Motette „Der brennende Dornbusch” Gedichte des 1969 in Dresden geborenen Christian Lehnert. Schwemmer schreibt: „Natur und Deutung überlagern sich schon in der Wahrnehmung. Diesen Zwischenraum erkunde ich. Ich erkunde ihn bewusst als religiöser Mensch, weil mir von der Religion her, von religiösen Bildern, Mythen, Erzählungen sich die Natur anders darstellt. Der Blick in die Natur ist für gläubige Menschen … eine wichtige Übung. Sie führt in die Befremdung…Sie bringt mir bei, mit Unerwartetem zu rechnen”.
Wir dürfen Ihnen die Nr. 3 des Zyklus mit dem Titel „Wie mich hüllt in stille Scheu” vorstellen.

Das Pendant zu „O Radix Jesse” liefert uns Jan Sandström. Der 1954 geborene schwedische Komponist paraphrasiert in „Det är en ros utsprungen” das wohlbekannte Praetorius-Lied „Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart” und stellt dem schlichten vierstimmigen Satz ein schwebendes, auf Sekundreibungen und Clustern basierendes Klanggeflecht gegenüber.

Auch die Italienerin Carlotta Ferrari widmete sich den Magnificat-Antiphonen. Aus ihrem 2022 entstandenen Zyklus wählten wir „O Clavis David” für vierstimmigen Frauenchor aus. Sie bezieht sich darin eindeutig auf die frühe Mehrstimmigkeit und transportiert diese Technik in die Gegenwart.

Für das Gegenstück zu „O Oriens” war es unser Bemühen, möglichst ein Werk mit Anklängen an die Ostkirche und einem byzantinischen Charakter zu finden. Fündig wurden wir beim Ensemble „Graindelavoix”, die auf ihrer CD „Cypriot Vespers” Vokalmusik des Flamen Jean Hanelle (1380-1436) interpretieren, der einen Teil seines bewegten Lebens auf Zypern verbrachte und eine Melange aus griechisch- und arabobyzantinischen Kompositionsmerkmalen kreierte. Ein ungewöhnliches, aber dafür umso bemerkenswerteres Beispiel gegenseitiger Befruchtung von westlicher und östlicher Musikgeschichte.

Konsequenterweise sollte ein gregorianischer Choral in unserem Programm nicht fehlen. Das „O Rex gentium” erklingt traditionell am 23. Dezember, in englischen Kathedralen aufgrund divergierender Zählung schon am 16. Dezember.

Aus England stammt auch Adrian Peacock. Seine musikalische Karriere begann als Chorsänger in Lichfield Cathedral, später war er in Westminster Cathedral und bei den BBC-Singers aktiv, bevor er reiche Erfahrung sammelte bei den Tallis Scholars, dem Monteverdi Choir und dem Gabrieli Consort. Seine Vorliebe für Chormusik setzte sich auch in seiner beruflichen Tätigkeit als Produzent und Komponist fort. Sein „Veni Emmanuel” ist eine quicklebendige, rhythmisch virtuose Version des siebten Antiphon-Attributs.

Im Zentrum des Konzertes steht folgerichtig ein Magnificat. Regelmäßige Besucher unserer Konzerte dürfen sich auf ein Wiederhören mit Giles Swayne freuen. Studienreisen führten den in Liverpool geborenen Komponisten auch nach Gambia und Senegal, sechs Jahre lebte er mit seiner Frau in Ghana. Sein Magnificat kann diese Einflüsse und Provenienz nicht verleugnen, Melodik und Rhythmik sind erfrischend und lebensfroh.

Umrahmt wird das Magnificat durch zwei Renaissance-Motetten zum Hochfest der Unbefleckten Empfängnis Mariens.

Das „O Virgo virginum” gilt in englischen Kirchen als 8. „O-Antiphon” und erklingt dort am 23. Dezember. Sie hören es in der Vertonung von Pierre de Manchicourt (1510-1564), der sich in der Beherrschung der polyphonen Satztechnik nicht vor seinen Zeitgenossen Nicolas Gombert oder Jacobus Clemens non Papa verstecken muss. Komplettiert wird unsere spannungsreiche adventliche Stunde durch das ebenfalls sechsstimmige „Praeter rerum” von Josquin des Prés, einer Motette, die die ganze Meisterschaft dieses Komponisten in reinster Form belegt.

Wir laden Sie herzlich ein zu unserem Adventskonzert abseits ausgetretener vorweihnachtlicher Pfade am 

Samstag, 30.11.2024 um 19:30 in der Klosterkirche Frauenaurach
oder am
Sonntag, 1.12.2024 um 16:00 in St. Klara Nürnberg!

Für das Vokalensemble Josquin des Prés
Raimund Schuler

 

P.S.
Lösung des Akrostichons, der in den Anfangsbuchstaben der Antiphone versteckten Botschaft = ERO CRAS (Ich werde da sein - morgen) 

 
Konzert Dezember 2023: LITANEI VOM HAUCH

Mutter, wozu hast du deinen Sohn aufgezogen? Hast dich zwanzig Jahr mit ihm gequält? Wozu ist er dir in deinen Arm geflogen, und du hast ihm leise was erzählt? Bis sie ihn dir weggenommen haben. Für den Graben, Mutter, für den Graben. ( aus: Der Graben, Kurt Tucholsky 1926)

Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen (Mt 5,9). Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an. Ja, der Geist spricht, dass sie ruhen von ihren Mühen; denn ihre Werke folgen ihnen nach (Offb 14, 13).

Über allen Gipfeln ist Ruh’
Über allen Wipfeln spürest du
Kaum einen Hauch.
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur! Balde
Ruhest du auch.
(Wanderers Nachtlied, J.W. von Goethe) 

Konzert VERRAT 

Die Litanei vom Hauch ist unser Versuch, eine Brücke zu schlagen vom Volkstrauertag (erstmals 1925 als Gedenktag für die Gefallenen des 1. Weltkrieges begangen) zum Totensonntag und am Ende des Kirchenjahres damit aller Toten zu gedenken, der sanft Entschlafenen ebenso wie der Opfer von kriegerischer Auseinandersetzung, Terror, Agitation und Propaganda.

Abschnitte der lateinischen Totenmessen von Richafort, Victoria und Pizettti werden expressiven Kompositionen des 20. Jahrhunderts gegenübergestellt, die als Reaktion auf Weltkrieg, Revolution oder Militärdiktatur entstanden.

Hanns Eislers titelgebende Komposition fußt auf Bertold Brechts Gedicht von 1926, welches in drastischen Bildern bayerische Nachkriegsgeschichte von der Hungersnot 1917/1918 über die Räterepublik bis zum Aufkommen nationalsozialistischer Gewalt beschreibt.
Der Schönberg-Schüler Eisler vermeidet in seinen Werken jede Anbiederung, seine politische - marxistische - Haltung bleibt unverhohlen, seine Radikalität spiegelt sich in rhythmischer Prägnanz und Energie, in Expressivität und Verbindung von Atonalität mit populärer Tonsprache unter Einbeziehung traditionellen Formen und Zitate.

Die Ablehnung des klassischen Bildungskanons gipfelt in der vollkommenen Pervertierung des wohl berühmtesten Goethe-Gedichtes Wanderers Nachtlied, welches literarisch und musikalisch litaneiartig die von Agitprop geprägten Strophen kontrastiert.

Wenn wir in der Nr.2 derselben Opus-Zahl singen und hören müssen: „aber wir müssen töten lernen,… wir müssen Blut vergießen, damit kein Blut mehr vergossen wird”, dann ist dies eine Zumutung, die uns schonungslos in das moralische und hochaktuelle Dilemma zwischen Friedfertigkeit und Widerstandsrecht, zwischen Nächstenliebe und Zivilcourage hineinstößt und wie ein Kommentar zur gescheiterten Appeasement-Politik der 30er Jahre wirkt.

Der surrealistische französische Dichter Paul Eluard schloss sich im zweiten Weltkrieg der Résistance an und verfasste die literarische Grundlage zu Figure humaine, der Kantate für gemischten Doppelchor von Francis Poulenc aus dem Jahr 1943. Die Nummer 5 dieses „Plädoyers für die Menschlichkeit” (Herve Lacombe) treibt angesichts des Wahnsinns des Krieges Tucholskys Frage ins Groteske:

Den Himmel und die Planeten verlachend, den Mund wässrig gemacht mit Zuversicht,
wünschen sich die Artigen Söhne und Söhne von ihren Söhnen,
bis sie abgekämpft zugrunde gehen.
Das Warten fällt nur den Narren schwer, es grünt nur der Abgrund,
und die Artigen machen sich lächerlich.

International in erster Linie durch Filmmusik bekannt, ist ein weiterer Komponist in Griechenland auch und v.a. ein Symbol für Widerstand gegen jede Form von Diktatur und Unterdrückung. Mikis Theodorakis widmet 1982 seine Liturgie Den Kindern, getötet in Kriegen. Das Abendgebet aus genannter Liturgie rundet den politisch-weltlichen Anteil des Konzertes und führt hinüber in die theologischen Reflexionen.

1922 entstand die Messa di Requiem von Ildebrando Pizzetti (1880-1968), einem italienischen Vertreter des Neoklassizismus. Im Gegensatz zu Eisler oder Theodorakis identifizierte er sich mit dem rechten Rand des Parteienspektrums und stellte seine Musik durchaus auch in den Dienst der faschistischen Ideologie. Unklar bleibt, ob sein Requiem eine Reaktion auf private oder politische Ereignisse darstellt. Eine fast gregorianisch anmutende, einstimmige Eingangspassage führt im Kyrie dieser Messe zu dichter, teils fugierter Polyphonie, die Pizzettis Ruf als großen Vokalkomponisten begründete.

Ihm gegenübergestellt werden drei Granden der Renaissance, deren Trauermusiken aus persönlicher Betroffenheit und/oder ihren Beziehungen zum spanischen Hof erwuchsen.

Tomas Luis da Victoria (1548-1611) schuf mit seinem Requiem das vielleicht bezwingendste Beispiel einer Totenmesse 1603 aus Anlass des Begräbnisses für Maria, der Schwester Phillips II. Im Responsorium ergänzen sich Gregorianik und dicht strömende 4-6 Stimmigkeit zu einer meditativen, harmonischen Einheit - vorbildgebend für eine Vielzahl von Kompositionen seiner Zeitgenossen.

Neben den klassischen liturgischen Teilen wie Graduale, Offertorium und Responsorium erklangen während einer Totenmesse auch ergänzende Motetten wie das Versa est in luctum : Zur Trauer wurde mein Harfenspiel, mein Flötenspiel zum Klagelied. Lass ab von mir, Herr, denn nur ein Hauch sind meine Tage!

Diesen Text setzte auch Alonso Lobo (1555-1617) für das Begräbnis Phillips II von Spanien in Töne um. Auch wenn Lobo oft im Schatten seines heute berühmteren Kollegen stand, sprechen seine Werke, die durchaus die Intensität Victorias oder Palestrinas besitzen, für sich.

Jean Richafort starb, als Victoria bzw. Lobo geboren wurden und führt uns somit in die Zeit der frühen, frankoflämischen Renaissance, deren wichtigster Vertreter Josquin des Prés ist. Ob dieser wirklich der Kompositionslehrer von Richafort war, ist nicht eindeutig belegt. Auf eine enge, wertschätzende Beziehung lässt allerdings u.a. seine komplexe Missa pro defunctis schließen, die in verschiedenen Messteilen Zitate aus Werken von Josquin aufweist. Die hohe Kunst seines Schaffens beweist Richafort u.a. damit, dass er im Graduale zunächst das Circumdederunt me gemitus mortis, dann ein C`est douleur non pareille als Kanon in den dichten sechsstimmigen Satz einflicht, letzteres aus Josquins Chanson Faulte d`argent. Die Grenzen zwischen weltlicher und geistlicher Musik galten zu dieser Zeit ebensowenig wie unsere gewohnte Einteilung der klassischen Tonalität in Dur und Moll.

Hart und weich stehen sich in der Fotographie Young girl Holding a flower von Marc Riboud gegenüber. Es entstand 1967 am Rande einer Anti-Vietnamkrieg-Demonstration in Washington D.C. und erlangte rasch ikonische Berühmtheit als Beispiel für gewaltfreien Protest. Es hält die Hoffnung wach auf Menschen und Momente, die Gräben überwinden oder vermeiden - auch mit einer Chrysantheme in der Hand einer 17Jährigen.

Wir laden herzlich ein zu unseren Konzerten am

Samstag, 25. November 2023 um 19:30 in der Herz-Jesu-Kirche Erlangen und am
Sonntag, 26. November 2023 um 16:00 in Sankt Klara Nürnberg
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Raimund Schuler
Vokalensemble Josquin des Prés


 

Aktualisiert ( Mittwoch, 27. März 2024 11:43 )
 

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